Arigato Japan – schön war’s!

 

Wir sind auf dem Nachhauseweg – dieser scheint uns wohlgesinnter zu sein, als der Hinweg. Auf dem langen Flug bleibt Zeit, um Japan Revue passieren zu lassen. Es war eine der intensiveren Reisen, aber wir haben das Herumreisen schwieriger erwartet, als es schlussendlich war. Westlicher Einschlag zeigte sich hier und dort, indem etwas in unserer Schrift oder auf Englisch übersetzt war. Und wie bereits geschrieben, waren die Apps Gold wert.

 

Über den Perfektionismus, die Disziplin und die Sauberkeit in diesem Land und den Einheimischen staunten wir täglich. Man hätte wohl vom Boden essen können, so sauber war es überall. Und dennoch fand man praktisch nirgends in der Öffentlichkeit einen Abfalleimer. Die Japaner nehmen ihren Abfall mit nach Hause. Ab dem Perfektionismus staunten wir vor allem beim Zugfahren: Auf dem Boden ist markiert, welcher Wagon wo ankommt und die Punktlandung erfolgt sogar auch beim Shinkansen mit seinen 16 Wagons Zentimetergenau. Hinter viel Disziplin und Perfektionismus mag wohl ab und zu auch etwas Prestige sein: So fällt beispielsweise auf, dass auch sonntags ausserordentlich viele Männer in Anzug (wir liessen uns sagen, dass man in Japan praktisch für jeden Job Abzug trägt) und mit Laptoptasche auf den Strassen unterwegs sind. Wir haben unseren Food-Guide dazu ausgefragt und sie erzählte uns, dass man in Japan viel arbeite und sich das Vielbeschäftigt-Sein gut mache (vor allem gegenüber der Familie). Jedoch sei es manchmal auch nur ein Vielbeschäftigt-Tun, weil es eben zum guten Ton gehöre. Und so kommt es vor, dass wir Sonntags im Starbucks sitzen, umzingelt von Anzug-Trägern, die in ihre Bildschirme gucken und vielbeschäftigt sind… oder tun… 😊

 

Gestern entdeckten wir wieder eine neue Welt in Tokyo: Das Viertel Akihabara - auch genannt «Electric City». Damit gemeint ist ein Viertel, wohl so gross wie die Stadt Bern selber, in dem man sämtliche Elektronik – früher noch vor Amazon & Co zu günstigeren Preisen als im Heimatland – kaufen kann. Ebenfalls befinden sich dort u.a. vier Game-Gebäude mit jeweils ca. acht Stockwerken von SEGA, der bekannten Marke von Spielkonsolen und Video- oder PC-Games. Jedes Gebäude ist so ungefähr so gross, wie der Jelmoli in Zürich. Japaner – Beuteschema vorwiegend männlich zwischen 18 bis 40 Jahre alt, verbringen in diesen dunklen Stockwerken unzählige Stunden. Mittelpunkt der Games sind stets die Manga–Comics-Figuren, meist weiblich, mit grossen Knopfaugen, die viel Haut zeigen. Diese Heldinnen kämpfen sich durch die Welten auf diesen Bildschirmen. Im Viertel selber laufen Menschen verkleidet herum: Mädchen schätzungsweise zwischen 16 bis 25 Jahren, die sich als Maid (Zimmermädchen) verkleiden, mit quietschenden Stimmen sprechen und in Restaurants (sog. Maid Cafes) servieren. In diesen Cafés ist alles «cute» (herzig) und nach riecht nach Puderzucker. Wir wollten uns dieses Erlebnis eines solchen Restaurant-Besuches nicht entgehen lassen und standen dafür wiederum ca. eine Stunde an. Sobald wir an der Reihe waren, wurden wir mit «Welcome home, my Master and my Princess» (Willkommen zuhause, mein Meister und meine Prinzessin) begrüsst, an den Tisch gebracht und durften dann aus einer Karte – alles pink und eben «cute» auswählen. Das Bestellte wird nicht einfach an den Tisch gebracht, nein, dafür gibt’s ein Tänzchen und ein «cute» Sprechgesang, den man mit diesen Mädchen mitmachen und mitklatschen muss, bevor das pinke Getränk oder der Pikachu-Mocca-Kaffee auf den Tisch kommt. Die Haupt-Zielgruppe ist auch wieder ähnlich, wie in den Game-Gebäuden: männlich von jung bis mittleres Alter. Gegen Bezahlung kann man mit dem gewünschten Mädchen Kartenspiele machen oder Fotos schiessen. Für das Fotoshooting wird man wieder als «Master David» oder «Princess Sabrina» aufgerufen, verkleidet sich mit Hasen- oder Dalmatiner-Ohren (die Auswahl ist riesig), schaut «cute» mit dem Mädchen in die Kamera und kriegt ein paar Minuten später das Polaroid-Bild. Einige der Membercard-Besitzer kamen mit eigenem Fotoalbum und waren wohl auf der Suche nach den ihnen im Album noch fehlenden Mädchen… was für eine Welt.

 

Nun geht’s zurück in den Schweizer Alltag. Weniger vermissen werden wir die unglaublich vielen Leute – da ist ein Gang in den Könizer Migros am Samstagmorgen ein Klacks dagegen. 😊  Vermissen werden wir bestimmt die Organisiertheit dieses Landes und natürlich das unglaublich leckere und gesunde Essen. Nicht auszuschliessen, dass wir wiedermal in Japan landen… 😊 Auf bald und liebe Grüsse, die (mehr oder weniger) ausgebildeten Japan-Reisenden Sabrina und Dave

 

P.S.: Aufgrund von Nachfragen per WhatsApp und in einem Kommentar befindet sich unser Automaten-Bild (ihr könnt euch sicherlich über die Teenager-Freizeitbeschäftigung, von der wir berichtet haben, erinnern...) in der Bildergalerie - ihr werdet es sofort erkennen. 😊

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Kurioses und sympathisches Japan

Nun sind wir bereits über eine Woche in Japan unterwegs, es gefällt uns sehr gut! Alleine die Kulinarik ist jeden Tag ein Highlight. In den vergangenen Tagen besuchten wir erneut Tokyo, dieses Mal das nimmer-schlafende Viertel Shibuya. Dort fühlt es sich an, als würde man das Disneyland oder den Europapark betreten– Filmmusik aus allen Ecken inklusive.

 

Einige Kuriositäten aus diesem Viertel: Beispielsweise besuchten wir ein Katzen-Kafi. Man betritt quasi eine grosse Wohnung mit Katzen. Getränkeautomaten sorgen für das leibliche Wohl und bezahlt die Dauer, in der man in der «Wohnung» weilt. Die Tiere haben überall Rückzugsmöglichkeiten, wo die Menschen nicht hinkommen. Zudem ist die «Wohnung» grösser, als so manche Wohnung in der Schweiz, in der auch Katzen leben. Aber klar, es ist kein Bauernhof mit unendlich viel Auslauf. Ein Eulen-Kafi steht für die nächsten Tage noch auf dem Plan… 😊

 

Eines Abends, als wir durch Shibuya schlenderten, passierten wir einen Foto-Shop. Herden lauter kichernder Teenager standen dort vor Foto-Automaten, die einem Himmel auf Erden versprechen, wie schön man auf den Fotos aussehen werde. Das wollten wir auch ausprobieren! 😊 Und so wählten wir das Format und die Hintergrundmusik zum Shooting aus, futterten den Automaten mit umgerechnet CHF 4.- und liessen uns acht Mal ablichten. Was danach rauskam, bescherte uns einen Lachanfall: Übergrosse Stirnen, Knopfaugen, Haut auf den Gesichtern wie gemalt… das ist also die Verschönerung 😉 Aber damit noch nicht genug: Nächster Schritt war das Verzieren der Bilder: Mit Snapchat-Funktionen wie Hasen-Ohren, Herzchen und allem Drum und Dran. Ach ja, und die Lippen (inklusive die von Dave versteht sich) konnten auch noch pinker gemacht werden. Tja, das ist also die Freizeitbeschäftigung von pubertierenden Japanerinnen… 😊 (In unserer Jugend waren es noch die schwarz/weiss Foto-Automaten für CHF 1.- pro Streifen am Berner Bahnhof – so verändert sich die Welt… 😉)

 

Die letzten beiden Tage verbrachten wir in Kyoto. Kyoto ist wohl authentischer, als Tokyo mit den kleinen schwarzen Holzhäusern. Jedoch erlebten wir es zu dieser Jahreszeit um einiges touristischer, als Tokyo und die Einheimischen zeigten sich leider ziemlich genervt, was Touristen anbelangt. Vielleicht teilweise auch verständlich… Highlight dieser Stadt war klar der besuchte Kochkurs. Dieser fand bei einem Einheimischen zuhause statt. Endlich ein Japaner, der Englisch konnte! Er lebt mit seiner vierköpfigen Familie in einem Häuschen mit schätzungsweise 50m2 und bietet dort Kochkurse für sechs Personen an. Die Küche erinnerte mich an eine ausgeklügelte IKEA Küche; überall wird der Platz sehr sinnvoll genutzt und alles hat seine Ordnung. Sogar im Boden werden Lebensmittel verstaut. Der Kochkurs-Leiter erzählte nicht nur über die Kulinarik, sondern auch über ihren Lebens-Stil. So beispielsweise über die bekannte Zurückhaltung der Japaner. Niemand in der Gesellschaft darf aus der Reihe tanzen. Wut oder Ärger gibt es im Leben eines erwachsenen Japaners nicht – Emotionen zeigen ist kein Thema und gilt als kindlich. Der Job ist etwas vom Wichtigsten – nicht für sich selbst, sondern weil man einen guten Dienst für die Gesellschaft tut. So kommt es, dass die Japaner oft auf ihre Ferien verzichten. 15 Tage pro Jahr hätten sie zu gut, ca. 50% davon beziehen sie. Alles andere gehört sich nicht. Die Generation seines Vaters bezog jährlich nur ca. 20% des Ferienguthabens. Die Generation, die nun ins Arbeitsleben eintritt, nehme ca. 70% der 15 Tage, erzählte er. Es verändert sich also ganz subtil etwas. Tage, an denen man sehr krank ist, werden übrigens auch von diesem 15-Tage-Guthaben bezogen.

 

Gestern kriegten wir in einem traditionellen Haus einen Einblick in das ehemalige Leben von Samurais. Früher waren es die Polizisten und gleichzeitig das Heer des Landes. Sehr eindrücklich, die starke mentale Kraft der Samurai-Krieger zu sehen und zu spüren. Heute machen wir nochmals einen Abstecher in ein Ryokan. Ihr wisst noch: Futon-Betten und Onsen-Bäder… 😉 Morgen geht’s für die allerletzten Tage zurück nach Tokyo. Auf bald und liebe Grüsse von den 3. Lehrjahrs-Lernenden Sabrina und Dave

 

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Schlaflos im Ryokan

Darf ich euch kurz unser Frühstück der letzten beiden Tage vorstellen? Da hätten wir einmal das im Onsen-Wasser (heisse Quelle) pochierte Ei. Weiter geht es mit kaltem Gemüse (machte den Eindruck, als seien es Resten des Vorabends), undefinierbarem Fisch sowie Pilzen (überall hier – Peach Weber kommt mir andauernd in den Sinn…). Daneben im schwarzen Topf heisse Sojamilch, die dazu dient, die beiden rohen Fleischstücke zu sieden. Und natürlich die obligate Miso-Suppe und den Reis (mit Pilzli dra…). Das einzig mir alltäglich-bekannte war der Grüntee.

 

 

Auch sonst hatte das Experiment Ryokan einiges zu bieten: Ryokans sind typisch japanische Gaststätten, die nicht wirklich vergleichbar sind mit Hotels. Der Boden in den Zimmern ist belegt mit sogenannten Tatami-Matten (auch im Ryokan läuft man selbstverständlich kurz nach dem Eingang überall ohne Schuhe herum – ich habe gelernt aus meinem Fettnäpfchen – ihr erinnert euch 😊) und es steht nicht etwa ein Bett im Zimmer, nein, es liegen sogenannte Futon-Matratzen am Boden. Aber sie sind die Hölle! Man stelle sich vor, der Jetlag hält sich eifrig an einem fest(tagsüber quälst du dich durch die Stunden, ab ca. 17 Uhr könntest du Party machen, nur ist da keine Party hier in den Bergen…) man liege auf diesem Futon-Bett und spüre auf den Knochen jede verd… Lamelle dieser Tatami-Matten. Und morgens fühlt man sich einige Jahre älter. Die Ryokans haben aber auch etwas ganz Tolles, nämlich die Onsen-Bäder. Diese heissen Quellen zu benützen bedarf jedoch einer Wissenschaft. Zuerst zieht man sich die Yukata über (wird einem vom Ryokan zur Verfügung gestellt). Aber schon da beginnts: Mit oder ohne Unterwäsche? Und linker Flügel über rechtem Flügel oder umgekehrt? Und wie binden? Dazu gibt’s Söckchen, die eine eigene Einsparung für den grossen Zehen haben. Dave gab ihnen den Namen «Kamel-Socken» (wegen den Paarhufen… siehe Bild in der Bildstrecke). 😉 Dann geht’s in dieses geschlechtergetrennte Onsen-Bad. Zuerst muss man sich von Kopf bis Fuss gut waschen und sitzt dafür auf einem Kindersitzli mit Duschvorrichtung sowie einer grossen Auswahl an Shampoo, Douche etc. vor der Nase. Erst danach darf man in die heisse Quelle steigen. Und mit heiss meine ich heiss – wir konnten nachfühlen, wie es wohl für Spaghetti ist, wenn sie in den Kochtopf wandern. 😊 Nach ca. fünf Minuten schnellt der Puls nach oben, weil so heiss und man verlässt eben wie eine weich gekochte Spaghetti das Wasser. Aber man fühlt sich nach einem solchen Onsen-Gang wie frisch geboren.

 

 

Dverse Apps sind unsere Helferlein im Reise-Alltag, denn Englisch ist definitiv nicht des Japaners Stärke. So habe ich beispielsweise letztens abends in einem Restaurant Wasser bestellen wollen. Erfolglos. Ich gab den deutschen Text in einer Übersetzung-App ein und lies dem Gastgeber über den Lautsprecher meines Iphones auf Japanisch vorsprechen, was ich wollte und siehe da, nach einem kurzen «hai!» (japanisch «OK») kam Wasser. 😊 Nun geht’s für kurze Zeit zurück in die Metropole Tokyo, bevor wir am Donnerstag nach Kyoto reisen. Die Schnee-Äffchen haben wir übrigens gefunden, einige Bilder sind in der Bildstrecke. Geniesst das Sommer-Wetter in der Schweiz und auf Bald! Liebe Grüsse, die 2. Lehrjahrs-Lernenden Sabrina und Dave

 

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Willkommen im Land der Fettnäpfchen

Die ersten Tage Japan liegen bereits hinter uns. Also genau genommen war es nur ein Tag Tokyo, der uns bisher einen Eindruck über dieses eindrückliche Land geben konnte. Leider war der Start in unseren kurzen Japan-Trip eher suboptimal: In Moskau verpassten wir am vergangenen Donnerstag unseren Anschlussflug nach Tokyo und so hiess es, wir sollen die Nacht hindurch nach Seoul (Südkorea) fliegen, dort mehr oder weniger den Karfreitag verbringen und abends den Anschlussflug nach Tokyo nehmen. Gesagt, getan. Wir verbrachten auf unseren Reisen ja schon so manche Stunde an einem Flughafen und ich muss sagen, es gibt schlimmere Flughäfen, als Seoul. Und so kamen wir erst Freitagnacht in Tokyo an – todmüde nach über 30h Unterwegs-sein.

 

 

Gestern besuchten wir die digitale Ausstellung «Borderless» von Teamlab. Ein Highlight! Wir sind absolut keine Museums-Gänger, aber diese mit farbigem Licht versetzten Räume luden zum Träumen in einer Paradies-Welt ein. Später dann stand eine private Food-Tour auf dem Programm. Wir durften uns den ganzen Abend durch die Küche Japans essen und viel Spannendes erfahren von unserem Guide. Sie brachte uns unter anderem in kleine authentische Gässchen, die wir wohl sonst nie besucht hätten. Teilweise sind die Bars oder Restaurants nur mit sechs bis zehn Plätzen ausgestattet. Der Eingang des letzten Restaurants liess nicht vermuten, dass sich dahinter wirklich ein Restaurant verbirgt: Die Türe war quasi ein schiebbarer Schrank. A propos kleine Bars und Restaurants: Reservieren kann man hier kaum irgendwo. Eine Stunde Anstehen vor dem Restaurant ist so die Faustregel.

 

 

Japan ist ja auch bekannt für die Fettnäpfchen, in die wir Europäer unwissentlich gerne hineintreten. Und wir sind schon ein einige getreten: So zeigte uns beispielsweise unser Guide gestern Abend, wie wir das warme Tuch, das man hier oftmals kriegt, zu nutzen haben. «Keinesfalls das Gesicht damit waschen», sagte sie. Dave und ich schauten uns grinsend an, denn tags zuvor, als wir müde im Hotel ankamen und uns ein solches warmes Tuch ausgehändigt wurde, reinigten wir damit genüsslich unser vom langen Flug geprägtes und müdes Gesicht… 😉 Oder gestern wurde ich mit einem lauten «No» in einer Umkleide belehrt, als ich diese mit Schuhen betrat. Ich lernte: Umkleiden dürfen nicht mit Schuhen betreten werden.

 

 

Und nun sitzen wir das erste Mal im luxuriösen Shinkansen-Zug. Vor mir grinsen mich farbige Bentoboxen voller Inhalt an. Ich kriege aber so früh morgens (es ist bei uns 13 Uhr, aber ich habe immer noch Jetlag) keinen Reis mit Fisch, Fleisch oder undefinierbarem Essen runter. Heute geht’s in die Berge. Morgen wollen wir die Schneeäffchen von Nagano besuchen. Auf bald, liebe Grüsse von den Japan-Lehrlingen Sabrina & Dave

 

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